Berufsbildung in Forschung und Praxis
Herausgeberin SGAB Logo

Neue Publikation im hep verlag

Wie einfach ist es, gut zu unterrichten?

Gut zu unterrichten ist nicht einfach. Es erfordert ein persönliches und reflektiertes didaktisch-methodisches Repertoire. Ein neues Buch im hep verlag mit dem Titel «Einfach gut unterrichten» stellt die wichtigsten didaktisch-methodischen Ansätze vor und plädiert für eine integrative, vielfältige Didaktik. Es baut dabei an die bisherigen Erfahrungen und Erkenntnisse der Lesenden beim Lernen und Lehren auf, macht Anwendungsvorschläge und bietet Übungen und Beispiele an. «Einfach gut unterrichten» wendet sich an angehende Lehrerinnen und Lehrer, aber auch Kolleginnen und Kollegen, die bereits erfolgreich unterrichten und nach neuen Impulsen für ihren Unterricht suchen.


Ganz einfach scheint Unterrichten dann, wenn es einfach gut funktioniert. Doch alle, die sich eingehend mit Lehren und Lernen befasst haben, wissen: Gerade jener Unterricht, der in einer angenehmen und angeregten Atmosphäre stattfindet und in dem Bedeutendes vermittelt und gelernt wird, kommt nur auf den ersten Blick leicht und locker daher. In Tat und Wahrheit ist einfaches Unterrichten ein Zusammenspiel vielfältigster didaktisch-methodischer und sozialer Kompetenzen.

Gut zu unterrichten scheint dagegen relativ und vor allem eine Frage des eigenen Standpunktes zu sein. Dabei ist längst belegt, dass allgemeingültige Qualitätsmerkmale von Unterricht bestehen – und es wohlbegründbare Merkmale der Expertise von Lehrpersonen gibt, über die sich die Unterrichtsforschung weitgehend einig ist.

Das Buch Einfach gut unterrichten wendet sich zum einen an angehende Lehrerinnen und Lehrer, die lernen wollen, wie man gut unterrichtet. Zum andern werden aber auch Kolleginnen und Kollegen angesprochen, die das bereits erfolgreich tun – und sich auf der Basis ihrer bewährten Erfahrung erneut mit didaktisch-methodischen Fragen auseinandersetzen, ihrem Unterricht neue Impulse vermitteln möchten. Für beide soll das Buch eine theoriegestützte und praxisorientierte Hilfe sein, um in Übereinstimmung mit pädagogisch begründeten Standards einfach – im oben angedeuteten Sinn – und gut zu unterrichten. Wenn wir als Lehrpersonen einfach gut unterrichten, wachsen Wohlbefinden und Zufriedenheit aller Beteiligten. Das möchten wir speziell hervorheben: Sowohl für eine erfolgreiche Schulkarriere von Lernenden als auch für eine fortdauernde Berufskarriere von Unterrichtenden sind Wohlbefinden und Zufriedenheit von zentraler Bedeutung.

Wie ist das Buch strukturiert?

Ein Blick in das Inhaltsverzeichnis vermittelt einen ersten Überblick:

  1. Was gehört zu gutem Unterricht? Zentrale Merkmale erfolgreichen Unterrichtens aus der Sicht der Unterrichtsforschung
  2. Lernen durch direkte Instruktion. Die wichtigsten Formen lehrerorientierten Unterrichtens
  3. Lernen durch Kooperation. Das Zusammenspiel von individuellen und sozialen Lernprozessen
  4. Lernen durch Dialoge. Persönliches Lernen im Dialog mit anderen und mit der Sache
  5. Lernen durch Unterrichtsorganisation. Der Wert von Wochenplanarbeit, Werkstätten, Ateliers und Epochenunterricht
  6. Lernen durch Projekte. Schüler- und handlungsorientierte Auseinandersetzung mit gesellschaftlich relevanten Themen
  7. Lernen durch Spielen. Der Einsatz von Spielen im Unterricht zur Förderung von Kompetenzen
  8. Lernen unterstützen und beurteilen. Funktionen und Formen lernförderlicher Leistungsbeurteilung
  9. Zu gutem Unterricht gehört strukturierte Planung. Wege zu einem persönlichen theoriegestützten Planungsschema
  10. Zu gutem Unterricht gehört differenzierte Reflexion. Durch Rückmeldungen und reflektierte Erfahrungen klüger werden

Eine grafische Darstellung zeigt die Grundstruktur des Buches:

Alte Streitfragen: Welche Didaktik ist richtig? Was ist guter Unterricht?

Gut zu unterrichten, erfordert ein persönliches und reflektiertes didaktisch-methodisches Repertoire. In Übereinstimmung mit Ergebnissen der Unterrichtsforschung sind wir Autoren der Überzeugung, dass eine didaktisch-methodische Monokultur den Anforderungen, die eine moderne Pädagogik an guten Unterricht stellt, nicht genügen kann. Eine einzige und ausschliessliche didaktische Konzeption für den gesamten Unterricht in einer Schulklasse ist nicht in der Lage, Lernende auf das Leben in einer Gesellschaft vorzubereiten, die ganz unterschiedliche Fähigkeiten verlangt. Aus diesem Grund stellen wir in diesem Buch die wichtigsten didaktisch-methodischen Ansätze vor und plädieren für eine integrative, vielfältige Didaktik.

Um gut zu unterrichten, muss jede Lehrerin und jeder Lehrer ein optimales Passungsverhältnis zwischen den verschiedenen Dimensionen finden, die sich in jeglichem Unterricht eröffnen: eine Balance zwischen der Lenkung durch die Lehrperson und den Selbstbestimmungsmöglichkeiten der Lernenden und eine Balance zwischen einem lehrenden und einem entdeckenden Unterricht.

Die folgende Grafik veranschaulicht die in Kapiteln 2 bis 7 vorgestellten didaktischen Zugangsweisen in einem Orientierungssystem. Auf der horizontalen Achse werden die unterschiedlichen Ansätze zwischen Steuerung der Lehrperson und Selbstbestimmung der Lernenden lokalisiert, die vertikale Achse führt von direkter Vermittlung zu selbstständigem Entdecken.

Wie sind die Kapitel aufgebaut?

Alle Kapitel des Buches sind identisch aufgebaut und beziehen die Leserinnen und Leser aktiv mit ein. In jedem Kapitel sind die Leserinnen und Leser zuerst dazu aufgefordert, sich mit ihren eigenen schulischen Erfahrungen oder ihrer eigenen lehrenden Praxis auseinanderzusetzen, ihre bisherigen Erfahrungen und Erkenntnisse beim Lernen und Lehren festzuhalten und diese mit Kolleginnen und Kollegen zu diskutieren (1.). Die wichtigsten Informationen und wesentlichen Eckpunkte aktueller theoretischer Erkenntnisse werden dann jeweils kompakt zusammengefasst (2.), bevor generelle Anwendungsvorschläge (3.) sowie Übungen und konkrete Beispiele folgen (4.).

Welche Rolle spielen die Illustrationen?

Ein besonderes Merkmal dieses Buches bilden die prägnanten Illustrationen von Serafine Frey. Ein Beispiel: Die von Martin Wagenschein beschriebenen und skizzierten grundsätzlich verschiedenen Unterrichtsbilder hat die Illustratorin so dargestellt:

Das Bild rechts symbolisiert nach Wagenschein einen in den eigenen «Erkenntniswolken» dozierenden Unterrichtsstil, bei dem die Lehrperson von oben herab zu den mehr oder weniger aufmerksamen Lernenden spricht und sagt, was sie oben sieht. Das Bild links zeigt eine Lehrperson, welche die Lernenden mit einem Seil auf einem mehr oder weniger gut vor- bereiteten Weg zu Wissen und zu neuen Erkenntnissen führt. Beim mittleren Bild fällt auf, dass die Lehrperson kaum zu sehen ist. Und doch hat sie gemäss Wagenschein auch hier eine wichtige Aufgabe: Weil sie das Gelände sehr gut kennt, ermöglicht sie den Lernenden, den Berg ganz allein zu besteigen und die Schwierigkeiten aufgrund eigener Anstrengungen alleine überwinden zu lernen. Eine wichtige Aufgabe der Lehrperson ist dabei die Wahl des Berges: Er muss geeignet sei, um das Bergsteigen zu lernen. Und: Vom Berg aus soll der Verlauf der ganzen Gebirgskette gut überschaubar sein.

Die folgende Karikatur wird zum Ausgangspunkt für eine persönliche Auseinandersetzung der Leserinnen und Leser – und führt zu Fragen wie: Was fällt Ihnen bei der folgenden Karikatur auf? Erinnern Sie sich an ähnliche Situationen? Fühlen Sie sich in Ihrer Rolle als Lehrperson von dieser Kritik angesprochen? Wenn ja, warum; wenn nein, warum nicht? Tauschen Sie sich mit anderen über Ihre Einschätzungen aus.

Um was geht es grundsätzlich in diesem Buch?

Einfach gut unterrichten ist eine Einführung in die Allgemeine Didaktik, die von Personen in der Lehreraus- und -weiterbildung direkt in verschiedenen Settings verwendet werden kann. Statt reiner Theorie wollten wir ein Arbeitsinstrument erstellen, das einfach und anschaulich an das Vorwissen von Studierenden, von erfahrenen Lehrpersonen und von Weiterbildungsteilnehmenden anknüpft und zur Vertiefung in pädagogisch-didaktische Fragestellungen und Konzepten anregt. Einfach gut unterrichten sollte ein Buch werden, in dem man gerne liest, gerne blättert und in dem man auch gerne seine Gedanken notiert. Unsere Erfahrungen aus der Arbeit mit Studierenden und Lehrpersonen an pädagogischen Hochschulen wie als Lehrpersonen in der Primar- und Sekundarstufe I und II haben uns gelehrt, dass gut unterrichten gar nicht so einfach ist. Ein Leitsatz, der für uns als Dozierende wie auch für Lehrpersonen aller Stufen fortwährend gilt, lautet: Nur wenn wir ein eigenes professionelles Verständnis von Lernen und Lehren entwickeln können, sind wir in der Lage, die für unsere Lernenden geeigneten didaktischen Modelle und Methoden, Beurteilungsformen, Planungsschemata und Reflexionsinstrumente auch effektiv einzusetzen. Und dies immer mit Blick und Ziel darauf, was für die Lernenden in unserem Unterricht und im jeweiligen Kontext am geeignetsten erscheint. Um dieses Verständnis zu entwickeln, müssen wir uns selbst und unsere bestehenden Vorstellungen von Lernen und Unterricht hinterfragen. Weiter müssen wir uns Wissen aneignen, Hintergründe verstehen lernen und daraus unsere eigene Anwendung für die bestmögliche Förderung unserer Lernenden und letztlich für die Qualität unseres eigenen Unterrichts ableiten.

Aus diesem Grund haben wir in diesem Buch einen Aufbau gewählt, der schrittweise von der eigenen Auseinandersetzung mit bestehenden Konzepten und persönlichen Erfahrungen in einen Prozess übergeht, in dem das – in vielen bekannten didaktischen Handbüchern vorangestellte und oft schwere «Theoriewissen» – verdichtet eröffnet wird. Erst dann, in einem dritten Schritt, gelangt die Leserin oder der Leser zur konkreten und praktischen Anwendung für den eigenen Unterricht. Wir sind der Ansicht, dass ein persönlich-professionelles Verständnis eines guten Unterrichts nur durch eine solche Auseinandersetzung gelingen kann. Es liegt an jeder einzelnen Lehrperson zu entscheiden, was, in welchem Ausmass und vor allem wie die vorgeschlagenen Konzepte, Methoden und Anwendungsmöglichkeiten umgesetzt werden. Und genau darum ging es uns beim Verfassen von Einfach gut unterrichten: Studierenden und Lehrpersonen auf interessante Weise zu einer eigenen professionellen Identität zu verhelfen. Weil, so denken wir, Unterrichten etwas ausserordentlich Persönliches ist.

Wie kann das Buch verwendet werden?

Mit dem Buch kann das Handwerk des Lehrens in der Grundausbildung von Lehrerinnen und Lehrern aller Stufen – vom Kindergarten bis zur Sekundarstufe II – erlernt werden. Einfach gut unterrichten kann Basisarbeitsbuch für Allgemeine Didaktik sein. Genau so gut kann es im gleichen Zusammenhang sozusagen als Steinbruch genutzt werden, aus dem einzelne Brocken als Ergänzungen zu anderen Lehrmitteln herausgebrochen werden können.

Einfach gut unterrichten ist aber auch ein Sachbuch, auf dessen Grundlage man Weiterbildungen mit Lehrerinnen und Lehrern durchführen kann. Dabei lassen sich sehr gut Workshops mit individuellen Schwerpunkten planen, weil die Kapitel des Buches in sich geschlossen sind und auch einzeln studiert werden können; es müssen nicht alle Lehrerinnen und Lehrer eines Teams die gleichen Kapitel bearbeiten.

Schliesslich eignet sich Einfach gut unterrichten als Studienbuch für Einzelne oder kleine Teams aus dem Bereich lehrender Berufe: Im Selbststudium kann man sich erneut mit allgemeindidaktischen Settings befassen; alleine oder in kleinen Gruppen können anhand einzelner Kapitel bestimmte Aspekte des Unterrichts unter die Lupe genommen und der eigene Unterricht kann weiterentwickelt werden.

Nochmals zum Titel Einfach gut unterrichten

Ein Buch mit dem Titel Einfach gut unterrichten birgt die Gefahr von Missverständnissen. Nicht nur, dass gut unterrichten einfach ist. Auch die Meinung, dass Lehrerinnen und Lehrer einfach guten Unterricht halten sollten und dass alles andere nebensächlich sei, erfreut sich immer wieder einer gewissen Beliebtheit. Argumentiert wird, dass sich Lehrpersonen am Lehrplan orientieren sollten, an den geschriebenen und ungeschriebenen Regeln ihres Berufs, am bildungspolitischen Mainstream. Wir sind nicht dieser Meinung und teilen die Ansicht von Thomas Kesselring: «Wer so denkt, läuft Gefahr, den Soll-Zustand mit dem Ist-Zustand, das Erwünschte mit dem Bestehenden zu verwechseln.» (Handbuch Ethik für Pädagogen, 2012, S. 14)

Ein allgemein-didaktisches Buch legt den Fokus zwar auf Fragen des guten Unterrichtens. Die Aufgaben von Lehrpersonen erfordern aber auch eine Auseinandersetzung mit umfassenderen Themen, die über Unterricht im engeren Sinn hinausreichen und von vielen Pädagogen für unsere gesellschaftliche und soziale Rolle als Lehrpersonen als noch bedeutender erachtet werden: Wie kann ich als Lehrerin oder als Lehrer dazu beitragen, dass in meiner Klasse gegenseitige Achtung, Rücksichtnahme und Wertschätzung gelebt werden? Wie kann ich diese Prinzipien befriedigender zwischenmenschlicher Beziehungen auch im Kontakt mit Kolleginnen und Kollegen und mit Eltern realisieren? Was braucht es, damit ich dazu beitragen kann, dass die mir für eine gewisse Zeit anvertrauten Kinder oder Jugendlichen ein erfülltes Leben werden führen können? Dass sie sich den Aufgaben, die das Leben stellt, gewachsen fühlen und dass sie ihr Dasein geniessen werden? All diese Fragen haben selbst- verständlich mit gutem Unterricht zu tun, aber ihre Beantwortung erfordert Auseinandersetzungen, die über das in diesem Buch Erörterte hinausgehen. Und nicht zuletzt erfordern sie Lehrpersonen, die sich für eine Weiterentwicklung der Schule in unserer demokratischen Gesellschaft in einer konstruktiven, zukunftsgerichteten und kritischen Art einsetzen. Ohne ein öffentliches Bildungswesen, das eine offene und weltoffene, demokratisch legitimierte Schule pflegt und weiterentwickelt, ist jeder noch so durchdachte didaktisch-methodische Unterricht nur Stückwerk.

Aus dem Vorwort von Andreas und Tuyet Helmke

In ihrem Vorwort zu Einfach gut unterrichten schreiben Andreas und Tuyet Helmke: «Was ist ein Praktiker? Das ist ein Mensch, bei dem alles funktioniert, aber er weiss nicht, warum. Was ist ein Theoretiker? Dies ist ein Mensch, der zwar weiss, wie es geht, bei dem aber nichts funktioniert» (Diethelm Wahl, 2013). Die Vision einer guten Lehrperson – und einer erfolgreichen Lehrerausbildung – dagegen ist eine gelungene Koppelung wissenschaftlich fundierten, anschlussfähigen und anwendbaren Wissens und guter Praxis. Dabei können Lehrmittel eine wichtige Rolle spielen: Sie können den Kompetenzerwerb erleichtern oder auch erschweren. Das vorliegende Buch, so viel sei vorab gesagt, gehört nach unserer Einschätzung zur erstgenannten Kategorie … das Autorenteam hat damit gewissermassen ein neues Genre erschaffen: ein Lehr-, Arbeits- und Praxisbuch».

Hans Berner, Rudolf Isler, Wiltrud Weidinger: Einfach gut unterrichten. 1. Auflage 20188, hep verlag Bern. Das Buch ist gleichzeitig auf Englisch erschienen und stellt damit ein optimales Grundlagenwerk für internationale Kooperationsprojekte zur Lehreraus- und -weiterbildung dar.

Zitiervorschlag

Berner, H., Isler, R., & Weidinger, W. (2018). Wie einfach ist es, gut zu unterrichten?. Transfer. Berufsbildung in Forschung und Praxis 3(2).

Das vorliegende Werk ist urheberrechtlich geschützt. Erlaubt ist jegliche Nutzung ausser die kommerzielle Nutzung. Die Weitergabe unter der gleichen Lizenz ist möglich; sie erfordert die Nennung des Urhebers.